Elektriker

Eine kleine Geschichte

„Liebe Elektriker und Elektrikerinnen“ 

Liebe Elektriker und Elektrikerinnen,

9. Klasse, Französischklausur, Übersetzung: „Liebe Elektriker und Elektrikerinnen“ mit diesen Worten begrüßte Flo sein Publikum der Gleichstrom/Wechselstrom-Profession, nicht ahnend, dass es sich bei den „électeurs und électrices“ um Männer und Frauen handelte, die Wahlscheine in Urnen werfen, im Volksmund auch Wähler genannt. Die gesamte Logik der darauffolgenden Übersetzung war leider an das falsche Publikum gerichtet, und Ich brauche (glaube ich) nicht zu erwähnen, dass das am Ende verheerende Folgen für die Note hatte und zu einer wütend hingeworfenen roten Zahl unter der letzten Textzeile von Flos Werk führte. Aber keine Sorge, hier sind die richtigen Stromwerker gemeint! Und nicht nur die, sondern auch die Trockenbauer, Fliesenleger, Heizungsinstallateure — Handwerker allgemein, ja eigentlich alle, die anpacken, im wahrsten Sinne des Wortes etwas Handfestes machen, und nicht nur beim Text und im Kopf bleiben. 


Renaissance für Elektriker






Immer wenn ich von „Renaissance“ schwafle, was in diesem Blog und Magazin durchaus noch öfter vorkommen kann, dann spreche ich nicht nur zu und von den „Gebildeten“ der letzten Jahrhunderte, was die alles geschrieben, illustriert, vermittelt, gelesen und erfahren haben, ich spreche nicht nur von und zu denen, die diese Materie ganz oder in Teilen eh schon kennen und zu schätzen wissen .. nein, immer wenn es hier um „Renaissance“ geht, dann sind alle gemeint. Alle. 


Und es geht garantiert nicht nur um irgendwelche Schnörkel, Kannelüren und Kapitelle, blasse Frauen mit mildem Lächeln in Öl oder Leute auf Stuck, die sich die Hand geben wollen und am Ende fehlt dann doch noch ein Zentimeter, sondern um ein universelles Verständnis von Leben. Man muss nicht so leben wie Leonardo da Vinci es getan hat, sein ganzes Dasein seiner Arbeit widmen, sich nur mit kleinen Nickerchen durchs Leben bewegen — neben dem „Renaissance Man“ hier schon wieder ein eher nur im englischen gebräuchlicher Begriff, und zwar der des „Uberman Sleep“ Modells: Kein Nachtschlaf, nur kleine „Naps“ in Endlosschleife, Jahr um Jahr, um der Aufgabenfülle gerecht zu werden, und um sich all die vielen kleinen Traumphasen für die Kreativität zu Nutze zu machen — nein, es geht um viel mehr, um sehr viele Facetten: Alles, was man aus dieser Periode damals, diesem Erwachen aus dem düsteren Mittelalter mit seinen Hexenverbrennungen, Pest, Mord und Totschlag lernen kann. In meinem Blick auf die Renaissance geht es um eine raffinierte Verbindung von allen Anteilen des Lebens, was auch ungemein dabei helfen kann, sich in den Wirren der Zeit zu orientieren. Die Alchemie von damals, die Leute wie Nietzsche als Philosophen, und in der jüngeren Geschichte Richard Buckminster Fuller, kurz RBF, und in der noch etwas jüngeren Geschichte Leute wie David Byrne (..) zu besonderen Ideen beflügelt haben. Eine Alchemie, die Gesellschaften wie die in denen wir in Deutschland und fast allen Ländern der heutigen Europäischen Union leben (es gibt ja neben wirtschaftlichen auch handfeste ideelle Gründe weshalb diese einen Bund darstellen) .. eine Alchemie, die unzählige weitere Ländern unseres Globus geprägt hat. Mein persönliches und unvollständiges Bild, und vielleicht auch mein ins Wunschdenken übertriebenes Bild von allem, was die Renaissance Besonderes hervorgebracht hat: 


Im Zentrum der Mensch mit einem schier unbändigen Entdeckergeist — sowohl nach außen als auch nach innen gerichtet — das Interesse der Akteure (und leider so wenigen Akteurinnen) .. das Arbeiten mit bestehendem Wissen in Text und Bild .. dem analytischem Blick .. das empirische Arbeiten mit dem Göttlichen bzw. Künstlerischen zu verschmelzen. Anders gesagt: Elektriker mit einem fast grenzenlosen Interesse fürs Leben. Elektrikerinnen, die über sich hinaus wachsen wollen, schlaue Sachen lesen und machen .. beobachten, beobachten, beobachten, und das auch noch von Höherem, von Offenheit inspiriert. Ich weiß, dass die Mehrheit der Elektriker und Elektrikerrinnen lieber gerne kürzere Texte liest .. mit großen bunten Bildern und knackigen Schlagzeilen, die wie Öl ins Hirn laufen. Ich lasse sie einfach nicht. Ich verhindere das. Aber hier noch ein Trick, ja schon fast ein kleiner praktischer Schritt hin zum Überelektriker: Text einfach mehrfach lesen. 


Ach so, eine Sache noch — ein „aber“ muss ich dem hier noch hinzufügen: Über die Jahrhunderte und Jahrzehnte haben auch die aufgeklärten Gesellschaften unseres Globus die ein- oder andere Erkenntnis von damals verlernt. Die müssen sie hier und da vielleicht wieder neu aufgreifen und in die Zukunft verlängern. Aber das ist ja auch gut, weil sonst wäre mein Geschwafel ja auch nur ein langweiliges Wiederkäuen von Bestehendem. Sich für die Lücken zu interessieren und den Bogen in die Zukunft spannen, das ist ja auch Teil der Jobbeschreibung der Rebellion R** .. und, ach ja, das hier noch: Es geht nicht um Größe und ums Recht haben, ums besser sein, sondern um die Breite der Betrachtung und darum, wie all die Eindrücke und Erfahrungen verbunden sind und verbunden werden können, und um das, was sich am Ende daraus ergibt. Ein langer Satz. 







2024-01-24 @ 16.15 Uhr (Korrektur) — Original vom Sommer 2023 | „Elektriker“ | R im Januar 2024 | © PB | rebellion-der-vernunft.de | Rubrik VERNUNFT



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